Stealth - Tarnkappenschiffe
Schwedische Korvette der VISBY-Klasse


Baubericht Visby-Klasse
von Matthias Ahrens
Fotos: Kokums AG, Ahrens, Rieger

Frei nach dem Motto: "Lieber zu spät als nie...", möchte ich über den Bau der Visby berichten.

Es war bereits im Februar 2007 soweit, dass das erste Modell aus der Kleinserie im Maßstab 1:50 zur Werftprobefahrt antrat und seit März 2007 ist die erste von sechs vorgesehenen "Visby" fertig. Doch wie kam es dazu ?

Die Faszination für die abstrakten, kantigen Formen der modernen Kriegsschiffe ergriff mich sofort als ich auf die ersten Studien neuer Stealth-Boote in den Tiefen des Internet aufmerksam wurde. Regelmäßig tauchten dabei Entwürfe wie die amerikanischen DDX-Zerstörer und Kreuzer, aber auch die ersten Fotos aus Schweden auf, vorwiegend von den Schiffen Smyge und Visby. Ich empfand die Formen als hässlich, aber faszinierend.

Irgendwann hatte ich mich dann an die Hässlichkeit gewöhnt und die Faszination blieb übrig. Da es sich bei den Booten um streng geheime Projekte handelt, war ich mir sicher, dass die Suche nach Plänen für einen Nachbau ziemlich erfolglos enden würde. So beschränkte sich die Suche zunächst auf Fotos und Werftbroschüren und schlief dann wieder ein. Sie ruhte bis zu dem Tag, an dem ein Prospekt den Weg zu mir in den Briefkasten fand - es war der Newsletter von Scheuer und Strüwer. Darin abgebildet war ein Papiermodell der Firma Bildrum im Maßstab 1:250. Es war "nur" ein Wasserlinienmodell, aber in der Not frisst der Teufel ja bekanntermaßen Fliegen.

Die Bestellung ging am selben Tag raus. Das Modell erwies sich leider nicht als sehr hilfreich. So musste der Traum von der Stealth-Korvette wieder in einer Schublade verschwinden.

Ein paar Monate später jedoch öffnete sich besagte Schublade wieder. Ich entdeckte beim "großen E" ein Papiermodell im Maßstab 1:200 - mit Unterwasserschiff und das für ganze 8 Euro im Sofort-Kauf. Sofort war kein Ausdruck - der Papiermodellbogen war meiner. Und dieser sollte sich als gute Grundlage für das Modell entpuppen.

Die Präzision, die der Hersteller beim Zeichnen und dem Druck an den Tag legte, ermöglichte ein müheloses Vergrößern der Spanten. Die Ungenauigkeiten in der Spantenbreite lagen nach einer Streckung um 400% bei weniger als einem Millimeter. Dank der Bandsäge dauerte es nicht einmal vier Tage, bis das Spantengerüst komplett gebaut war. Verwendet wurden Sperrholzplatten mit 4mm Stärke (das ergab sich aus der Konstruktion des Papiermodellbogens) und viiiiel Ponal.

Dann bekam ich unverhofft einen Mitstreiter bei meinem Projekt. Mein Modellbaufreund Gerhard, der sich eigentlich dem U-Boot Modellbau verschrieben hatte, widerfuhr ein recht unerfreuliches Erlebnis mit seinem Hobby. Das U-Boot-Treffen in Großbreitenbach endete nach technischen Schwierigkeiten mit einem leeren Kofferraum, einem dicken Geldbeutel und einer satten Portion "U-Boot Frust".

Es war nicht schwer, ihn in dieser Phase zum Bau eines Überwasserschiffs zu überreden. Der Visby-Rohbau wechselte den Wohnort - beim kurzen Spachteln und langen Schleifen hatte mein Kumpel die beste Gelegenheit, seinem Frust freien Lauf zu lassen. Und was dabei rauskommt, wenn ein Mechanikermeister sich verwirklicht, kann sich jeder denken. In der Rekordzeit von nicht einmal zwei Monaten hatte er aus dem Holzgerüst ein astreines Urmodell gezaubert. Änderungen an der Grobkontur des Papiermodells wurden nur am Heck und dem Rumpfboden gemacht, da diese mit den Fotos der Originalboote beim besten Willen nicht übereinstimmten.

Es folgte in Gemeinschaftsarbeit mit meinem Modellbaufreund Axel die Anfertigung der Negativ-Form aus GFK. Dabei stand die Prämisse im Vordergrund, dass der Rumpf geschlossen aus einem Teil bestehen und nur noch das Hubschrauberdeck als Öffnung verbleiben sollte.

Die Folge ist eine mehrteilige Form, die stückweise beim Rumpfbau zusammengefügt wird, damit man auch Stellen laminieren kann, die man sonst bei zweiteiligen Formen niemals erreichen könnte. Die Trennfugen sollten ferner nicht auf sichtbaren Flächen liegen, um nachträgliches Bearbeiten zu vermeiden. Um dies zu erreichen, bestand die Form am Ende aus zehn Einzelteilen. Die Kehrseite der aufwendigen Form ist jedoch, dass man beim Laminieren eines Rumpfes mindestens zu dritt sein sollte (Verarbeitungszeit von Epoxydharz). Der erste fertige Rumpf verließ die Negativform dann am 29. 11. 2006. Es folgten noch fünf weitere bis Ende Januar 2007.

Im Februar 2007 hatte Gerhard seine Visby bereits fahrbereit. Die Originale dieser Klasse haben zwei Jet-Antriebe der Firma KaMeWa. Für den Modellbau gibt es leistungsfähige und dem Vorbild sehr nahe kommende Nachbauten der Firma Kehrer.
Da das Modell im Maßstab 1:50 nur 33 mm Tiefgang hat, besteht nur die Chance, die kleinen 28 mm Jets einzubauen. Alle größeren hätten den zur Verfügung stehenden Bauraum gesprengt. Die Wahl des Motors fiel auf zwei Johnson 700 Neodym, die es ebenfalls bei Kehrer gibt, in Verbindung mit 2 Akkupacks aus je 12 NiMh-Zellen mit 3600 mAh.

Das Modell erreicht damit eine beachtliche Geschwindigkeit und ein Fahrbild, welches dem Original alle Ehre macht - zumindest solange man nicht mehr als Halbgas gibt. Alle Sorgen, dass die beiden Antriebe nicht genügend Kraft für das 5,5 kg schwere und 142 cm lange Boot haben könnten waren unberechtigt. Die Fahrzeit beträgt bei Vollgas 15 bis 20 Minuten - wir hatten uns bei den manchmal heißen Diskussionen um das Antriebskonzept also nicht verwählt.

Die Fertigstellung des ersten Modells erfolgte im März 2007, die weiteren fünf werden vermutlich bis zum Frühjahr 2008 ihrem Element übergeben werden.

 

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