Das teuerste Übernachtungquartier in meinem Leben
Wenn man so etwas sagt, muss das Übernachtungsquartier etwas besonderes
sein. Und auch die Tatsache, das die Übernachtungstermine für ein Jahr
innerhalb von 2 Tagen nach Bekanntmachung (erscheinen des Kataloges)
ausgebucht sind, spricht für sich. Auch ich habe im ersten Anlauf keinen Termin
bekommen und im 2 Jahr bekamen wir auch nicht unseren Wunschtermin. Aber
besser die Urlaubsplanung geändert als gar keinen Termin bekommen. So
konnte ich zwar nicht auf den SMC Vereinsausflug mitfahren, aber die
Übernachtung war gebucht.
Jetzt wird sich schon jeder Fragen von welchem Hotel" ich spreche. Bei der
Übernachtung geht es um eine Nacht als Leuchtturmwärter" auf dem bekanten
deutschen Leuchtturm Roter Sand in der Wesermündung und mit dieser
Übernachtung habe ich mir einen Traum erfüllt.
Kurz nach der Buchung kam auch schon Post mit der Rechnung (399.- Euro incl.
Überfahrt ab Bremerhaven) und einer Erklärung, die unterschrieben werden
musste. Die Erklärung ging darum, das das Betreten und der Aufenthalt auf
eigene Gefahr erfolgt und der Termin wetterabhängig gestrichen werden kann
bzw. bei schlechtem Wetter eine Abholung erst zu einem späteren Zeitpunkt
erfolgen könnte und das alles, ohne das Ansprüchen an den Veranstalter
gemacht werden können. Aber wir (mit mir reisten noch 2 Nürnberger Bekannte)
haben uns von dies allem nicht abschrecken lassen und die Erklärung
umgehend unterschrieben und zurückgeschickt, um unseren Buchungserfolg ja
nicht zu gefährden.
Nun ging es an die Urlaubsplanung. Es waren insgesamt 4 Tage erforderlich, da
die Überfahrtszeiten zum Leuchtturm Flutabhängig sind und erst kurz vor
unserer Reise bekannt gegeben wurden. D.h. die Anreise nach Bremerhaven
musste also einen Tag vorher erfolgen (incl. Einer Hotelübernachtung in
Bremerhaven) und die Abreise analog erst einen Tag nach Rückkehr vom Turm.
Die zwei zusätzlichen Hotelübernachtungen in Bremerhaven hatten natürlich
den Vorteil, noch etwas Zeit für das Schiffahrtsmuseum usw. zu haben.
Schließlich war es soweit und es ging nach Bremerhaven. In Bremerhaven hieß
es nun, nachdem das Schiffahrtsmuseum besucht und eine Hafenrundfahrt
gemacht wurde, den Rucksack für den nächsten Morgen und die Fahrt auf den
Leuchtturm zu packen. Einen Koffer mit auf den Turm zu nehmen ist nicht drin
und dieser musste dann im Hotel deponiert werden.
Am nächsten Morgen folgte dann die Überfahrt mit dem Schlepper Goliath,
zusammen mit Tagesgästen, zum Leuchtturm. Bei der während der Überfahrt
erfolgenden Belehrung für alle Gäste kam die erste Überraschung. Mit dabei war
ein junges Pärchen, wo Sie bis zu dem Zeitpunkt als gefragt wurde wer die
Übernachtungsgäste sind, nichts wusste, das sie auf dem Turm übernachten
durfte. Ihr Freund hatte Sie damit überrascht und Sie war außer sich vor Freude.
Am Turm mussten angekommen, mussten wir vor dem Übersteigen erst einmal
Schwimmwesten anlegen, während unsere Rucksäcke mit einem Flaschenzug
nach oben auf den Turm gezogen wurden (incl. Banges Zittern: hoffentlich hält
der Verschluss). Nachdem die schaukelnde Gangway geschafft war hieß es
eine 6m hohe Leiter zu erklimmen und der Turm konnte betreten werden. Jetzt
folgte eine ausführliche Einweisung in die Technik des Turmes
(Kochgelegenheit, Funkgerät, Überlebensschutzanzüge, Flaggenparade,
Proviant und Notverpflegung etc.).
Während wir mit der Einweisung beschäftigt
waren, hatten die Tagesgäste Zeit den Turm zu besichtigen. Als die Einweisung
zu ende ging, stiegen die Tagesgäste bereits wieder zurück auf den Schlepper
und ehe wir es so richtig begreifen konnten schloss sich die Tür hinter uns. Nun
ging es erst einmal zum schauen schnell auf die Balustrade. Die Blicke auf den
ablegenden Schlepper waren doch stark von gemischten Gefühlen begleitet.
Einerseits von Freude auf die kommenden 24 Stunden, andererseits verließ uns
mit der Goliath der Kontakt zur Außenwelt". Aber bevor wir zuviel Grübeln
konnten war erst einmal Beschäftigungstherapie angesagt. Fotoapparat
geschnappt und den davonziehenden Schlepper fotografieren. Zu unserer
Überraschung sichteten wir nun auch noch den Dampfeisbrecher Wal, der auf
den Turm zuhielt und diesen auch anschließend umrundete. Also was lag näher
als erst einmal die phantastische Aussicht zu genießen, bevor es daran ging die
mitgebrachten Verpflegungsseesäcke auszupacken.
Um es kurz zu machen, Verpflegung war mehr als ausreichend vorhanden.
Dabei war die auf dem Turm vorhandene Notverpflegung (für 7 Tage) noch nicht
mitgerechnet. Aber zu keiner Zeit bestand Gefahr das man an gewicht zulegt.
Der Turm hat eine eingebaute Trimm-Dich-Anlage Treppenstufen" wollte man
z.B. von der oberen Ebene (Balustrade und Leuchtfeuer) auf das WC, musste
man auf die unterste der 5 Ebenen (19m tiefer; Raumhöhe 4m) steigen und
natürlich wieder zurück. Und so durften wir bei jeder Kleinigkeit Treppe runter
bzw. rauf steigen. Das ich dieses massive Treppen nicht gewöhnt war, habe ich
direkt in den nächsten tagen in den Beinen gespürt.
Aber zurück zur Verpflegung. Diese wurde sortiert und erst einmal verstaut.
Dann haben wir die Küche mit dem Camping"- Gasherd und dem vorhandenen
Equipment inspiziert. Diese Inspektionstour fand dann Fortsetzung auf dem
ganzen Turm und natürlich wurde dabei auch viel fotografiert. Den Abschluß
bildete dann das Ausruhen und geniessen der Aussicht vom Leuchtfeuerraum
aus. Hier hat man seit der Turm ausser Betrieb ist eine Eckbank eingebaut auf
der es sich perfekt aushalten (d.h. die Aussicht geniessen) läst.
Schließlich kam doch der Zeitpunkt, wo der Hunger nach etwas zwischen den
Zähnen ruft und so wurde in der kleinen Küche, beinahe wie zu Großmutters
Zeiten, gekocht. Nach dem Essen haben wir dann die moderne Technik
schmerzlich vermisst. Keine Spülmaschine und Warmwasser. D.H. es hieß erst
einmal Wasser auf dem Herd warm machen und dann im klassischen Stil von
Hand abzuspülen (und das bei dem Übernachtungspreis!). Aber auch dies
Hürde wurde genommen und sofort wieder die Aussichtsplattform besetzt und
den Sonnenuntergang genossen. Neben dem Sonnenuntergang war natürlich
auch noch Fernsehprogramm" Schiffahrt angesagt und es zogen etliche
Frachter, Autotransporter und auch 2 Kreuzfahrer (von Bremerhaven
auslaufend9 vorbei.
Jetzt war die Zeit gekommen, die Flagge reinzuholen und 2 von uns holten die
Fahne vom Mast und verstauten sie im Turm. Irgendwie fühlte ich mich dabei an
die Flaggenparade beim Bund erinnert.
Nach dem Sonnenuntergang kann dann die Zeit der Petroleumlampen. Wollte
man etwas lesen oder im Turm wandeln, hieß es erst einmal Petroleum
auffüllen, Glas hochschieben, Docht heraus und anzünden, bevor man zur Tat
(Durch den Turm wandeln) konnte. Die faulen unter uns nutzten daher
mitgebrachte Taschenlampen oder stiegen im dunklen die Treppen rauf oder
runter.
In diese Zeit fiel auch noch eine wichtige Tätigkeit. Die Meldung bei der DGzRS,
das der Turm mit 6 Mann besetzt sei und alles i.O. ist.
Während sich gegen Mitternacht die einen bereits in die mitgebrachten
Schlafsäcke verkrümelt hatten hielten die anderen noch lange Wache" im
Leuchtfeuerraum. Dafür bekamen die Frühaufsteher am nächsten Morgen einen
herrlichen Sonnenaufgang und die nach Bremerhaven einlaufenden Kreuzfahrer
zu sehen.
Nach dem Frühstück haben wir dann die Einstiegsluke geöffnet und aus der Tür
heraus einen Blick von unten nach oben riskiert. Ich kann nur sagen: eine
sehenswerte Perspektive. Bei dieser Gelegenheit leisteten uns die auf dem
Turm liegenden, von der Feuerwehr bekannten, Hakengurte gute Dienste.
Mit fortschreitender Zeit ereilte uns alle wein seltsames Phänomen. Wir hofften
auf schlechtes Wetter mit Wellengang. Und dies nicht ohne einen
Hintergedanken. Denn ab Windstärke 6 hieß es, das uns der Schlepper Goliath
nicht mehr abholen (am Turm anlegen) kann. Uns so machte uns die
aufkeimende Briese eine kleine Hoffnung auf Verlängerung. Aber es kam, wie es
kommen musste (und auch planmäßig sein sollte). Pünktlich zum angekündigten
Zeitpunkt näherte sich ein Schiff dem Leuchtturm und stellte sich beim näher
kommen, zu unserem Bedauern, als die Goliath heraus.
Kaum war die Goliath an den Dalben festgemacht, so ging es sofort an das
Übersteigen. Im Gegensatz zur Hinfahrt wurde dieses mal regelrecht zur Eile
getrieben, da der Schlepper an den Dalben über 1 m auf und abtanzte und
dabei auch heftig gegen die Dalben schlug. Also sofort die Schwimmwesten
angelegt, dann ein Stück die Aussenleiter hinab gestiegen und über die schmale
Gangway hinüber auf den Schlepper balanciert. Dann folgten unsere
Rucksäcke, die in bewährter Weise abgeseilt wurden.
Auf dem Schlepper indes herrschte bei einigen Gästen (Tagesgäste) Unmut, da
diese wegen des Seegangs nicht auf den Turm steigen und diesen besichtigen
durften.
Auf der Rückfahrt nach Bremerhaven wurde uns dann noch feierlich ein
Zertifikat als Hilfsleuchtturmwärter" überreicht. Bei dieser Gelegenheit konnte
ich auch klären, warum max. 6 Personen auf dem Turm übernachten dürfen.
Nach dem Seefahrtsrecht müssen Schiffe mit Übernachtungsbetten" ab 7
Personen eine Fäkalienaufbereitungs- bzw. Sammelanlage (Kläranlage) haben.
Da diese Einrichtung auf dem Turm fehlt und eine Nachrüstung zu teuer wäre,
wird die Personenzahl auf max. 6 Personen begrenzt.
Zurück in Bremerhaven haben wir am Abend noch einen Bummel über das
Gestefest (Volksfest) gemacht, bevor am nächsten Tag die Heimreise dem
herrlichen Wochenende ein Ende setzte.
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