Das teuerste Übernachtungquartier in meinem Leben
und das bei fehlendem Service.
Und trotzdem war es jeden Cent wert.


Ein Erlebnisbericht von Axel Müllenschläder

Wenn man so etwas sagt, muss das Übernachtungsquartier etwas besonderes sein. Und auch die Tatsache, das die Übernachtungstermine für ein Jahr innerhalb von 2 Tagen nach Bekanntmachung (erscheinen des Kataloges) ausgebucht sind, spricht für sich. Auch ich habe im ersten Anlauf keinen Termin bekommen und im 2 Jahr bekamen wir auch nicht unseren Wunschtermin. Aber besser die Urlaubsplanung geändert als gar keinen Termin bekommen. So konnte ich zwar nicht auf den SMC Vereinsausflug mitfahren, aber die Übernachtung war gebucht.

Jetzt wird sich schon jeder Fragen von welchem Hotel" ich spreche. Bei der Übernachtung geht es um eine Nacht als Leuchtturmwärter" auf dem bekanten deutschen Leuchtturm Roter Sand in der Wesermündung und mit dieser Übernachtung habe ich mir einen Traum erfüllt.

Kurz nach der Buchung kam auch schon Post mit der Rechnung (399.- Euro incl. Überfahrt ab Bremerhaven) und einer Erklärung, die unterschrieben werden musste. Die Erklärung ging darum, das das Betreten und der Aufenthalt auf eigene Gefahr erfolgt und der Termin wetterabhängig gestrichen werden kann bzw. bei schlechtem Wetter eine Abholung erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen könnte und das alles, ohne das Ansprüchen an den Veranstalter gemacht werden können. Aber wir (mit mir reisten noch 2 Nürnberger Bekannte) haben uns von dies allem nicht abschrecken lassen und die Erklärung umgehend unterschrieben und zurückgeschickt, um unseren Buchungserfolg ja nicht zu gefährden.

Nun ging es an die Urlaubsplanung. Es waren insgesamt 4 Tage erforderlich, da die Überfahrtszeiten zum Leuchtturm Flutabhängig sind und erst kurz vor unserer Reise bekannt gegeben wurden. D.h. die Anreise nach Bremerhaven musste also einen Tag vorher erfolgen (incl. Einer Hotelübernachtung in Bremerhaven) und die Abreise analog erst einen Tag nach Rückkehr vom Turm. Die zwei zusätzlichen Hotelübernachtungen in Bremerhaven hatten natürlich den Vorteil, noch etwas Zeit für das Schiffahrtsmuseum usw. zu haben.

Schließlich war es soweit und es ging nach Bremerhaven. In Bremerhaven hieß es nun, nachdem das Schiffahrtsmuseum besucht und eine Hafenrundfahrt gemacht wurde, den Rucksack für den nächsten Morgen und die Fahrt auf den Leuchtturm zu packen. Einen Koffer mit auf den Turm zu nehmen ist nicht drin und dieser musste dann im Hotel deponiert werden.

Am nächsten Morgen folgte dann die Überfahrt mit dem Schlepper Goliath, zusammen mit Tagesgästen, zum Leuchtturm. Bei der während der Überfahrt erfolgenden Belehrung für alle Gäste kam die erste Überraschung. Mit dabei war ein junges Pärchen, wo Sie bis zu dem Zeitpunkt als gefragt wurde wer die Übernachtungsgäste sind, nichts wusste, das sie auf dem Turm übernachten durfte. Ihr Freund hatte Sie damit überrascht und Sie war außer sich vor Freude. Am Turm mussten angekommen, mussten wir vor dem Übersteigen erst einmal Schwimmwesten anlegen, während unsere Rucksäcke mit einem Flaschenzug nach oben auf den Turm gezogen wurden (incl. Banges Zittern: hoffentlich hält der Verschluss). Nachdem die schaukelnde Gangway geschafft war hieß es eine 6m hohe Leiter zu erklimmen und der Turm konnte betreten werden. Jetzt folgte eine ausführliche Einweisung in die Technik des Turmes (Kochgelegenheit, Funkgerät, Überlebensschutzanzüge, Flaggenparade, Proviant und Notverpflegung etc.).

Während wir mit der Einweisung beschäftigt waren, hatten die Tagesgäste Zeit den Turm zu besichtigen. Als die Einweisung zu ende ging, stiegen die Tagesgäste bereits wieder zurück auf den Schlepper und ehe wir es so richtig begreifen konnten schloss sich die Tür hinter uns. Nun ging es erst einmal zum schauen schnell auf die Balustrade. Die Blicke auf den ablegenden Schlepper waren doch stark von gemischten Gefühlen begleitet. Einerseits von Freude auf die kommenden 24 Stunden, andererseits verließ uns mit der Goliath der Kontakt zur Außenwelt". Aber bevor wir zuviel Grübeln konnten war erst einmal Beschäftigungstherapie angesagt. Fotoapparat geschnappt und den davonziehenden Schlepper fotografieren. Zu unserer Überraschung sichteten wir nun auch noch den Dampfeisbrecher Wal, der auf den Turm zuhielt und diesen auch anschließend umrundete. Also was lag näher als erst einmal die phantastische Aussicht zu genießen, bevor es daran ging die mitgebrachten Verpflegungsseesäcke auszupacken.

Um es kurz zu machen, Verpflegung war mehr als ausreichend vorhanden. Dabei war die auf dem Turm vorhandene Notverpflegung (für 7 Tage) noch nicht mitgerechnet. Aber zu keiner Zeit bestand Gefahr das man an gewicht zulegt. Der Turm hat eine eingebaute Trimm-Dich-Anlage Treppenstufen" wollte man z.B. von der oberen Ebene (Balustrade und Leuchtfeuer) auf das WC, musste man auf die unterste der 5 Ebenen (19m tiefer; Raumhöhe 4m) steigen und natürlich wieder zurück. Und so durften wir bei jeder Kleinigkeit Treppe runter bzw. rauf steigen. Das ich dieses massive Treppen nicht gewöhnt war, habe ich direkt in den nächsten tagen in den Beinen gespürt.

Aber zurück zur Verpflegung. Diese wurde sortiert und erst einmal verstaut. Dann haben wir die Küche mit dem Camping"- Gasherd und dem vorhandenen Equipment inspiziert. Diese Inspektionstour fand dann Fortsetzung auf dem ganzen Turm und natürlich wurde dabei auch viel fotografiert. Den Abschluß bildete dann das Ausruhen und geniessen der Aussicht vom Leuchtfeuerraum aus. Hier hat man seit der Turm ausser Betrieb ist eine Eckbank eingebaut auf der es sich perfekt aushalten (d.h. die Aussicht geniessen) läst.

Schließlich kam doch der Zeitpunkt, wo der Hunger nach etwas zwischen den Zähnen ruft und so wurde in der kleinen Küche, beinahe wie zu Großmutters Zeiten, gekocht. Nach dem Essen haben wir dann die moderne Technik schmerzlich vermisst. Keine Spülmaschine und Warmwasser. D.H. es hieß erst einmal Wasser auf dem Herd warm machen und dann im klassischen Stil von Hand abzuspülen (und das bei dem Übernachtungspreis!). Aber auch dies Hürde wurde genommen und sofort wieder die Aussichtsplattform besetzt und den Sonnenuntergang genossen. Neben dem Sonnenuntergang war natürlich auch noch Fernsehprogramm" Schiffahrt angesagt und es zogen etliche Frachter, Autotransporter und auch 2 Kreuzfahrer (von Bremerhaven auslaufend9 vorbei.

Jetzt war die Zeit gekommen, die Flagge reinzuholen und 2 von uns holten die Fahne vom Mast und verstauten sie im Turm. Irgendwie fühlte ich mich dabei an die Flaggenparade beim Bund erinnert.

Nach dem Sonnenuntergang kann dann die Zeit der Petroleumlampen. Wollte man etwas lesen oder im Turm wandeln, hieß es erst einmal Petroleum auffüllen, Glas hochschieben, Docht heraus und anzünden, bevor man zur Tat (Durch den Turm wandeln) konnte. Die faulen unter uns nutzten daher mitgebrachte Taschenlampen oder stiegen im dunklen die Treppen rauf oder runter.

In diese Zeit fiel auch noch eine wichtige Tätigkeit. Die Meldung bei der DGzRS, das der Turm mit 6 Mann besetzt sei und alles i.O. ist.

Während sich gegen Mitternacht die einen bereits in die mitgebrachten Schlafsäcke verkrümelt hatten hielten die anderen noch lange Wache" im Leuchtfeuerraum. Dafür bekamen die Frühaufsteher am nächsten Morgen einen herrlichen Sonnenaufgang und die nach Bremerhaven einlaufenden Kreuzfahrer zu sehen.

Nach dem Frühstück haben wir dann die Einstiegsluke geöffnet und aus der Tür heraus einen Blick von unten nach oben riskiert. Ich kann nur sagen: eine sehenswerte Perspektive. Bei dieser Gelegenheit leisteten uns die auf dem Turm liegenden, von der Feuerwehr bekannten, Hakengurte gute Dienste.

Mit fortschreitender Zeit ereilte uns alle wein seltsames Phänomen. Wir hofften auf schlechtes Wetter mit Wellengang. Und dies nicht ohne einen Hintergedanken. Denn ab Windstärke 6 hieß es, das uns der Schlepper Goliath nicht mehr abholen (am Turm anlegen) kann. Uns so machte uns die aufkeimende Briese eine kleine Hoffnung auf Verlängerung. Aber es kam, wie es kommen musste (und auch planmäßig sein sollte). Pünktlich zum angekündigten Zeitpunkt näherte sich ein Schiff dem Leuchtturm und stellte sich beim näher kommen, zu unserem Bedauern, als die Goliath heraus.

Kaum war die Goliath an den Dalben festgemacht, so ging es sofort an das Übersteigen. Im Gegensatz zur Hinfahrt wurde dieses mal regelrecht zur Eile getrieben, da der Schlepper an den Dalben über 1 m auf und abtanzte und dabei auch heftig gegen die Dalben schlug. Also sofort die Schwimmwesten angelegt, dann ein Stück die Aussenleiter hinab gestiegen und über die schmale Gangway hinüber auf den Schlepper balanciert. Dann folgten unsere Rucksäcke, die in bewährter Weise abgeseilt wurden.

Auf dem Schlepper indes herrschte bei einigen Gästen (Tagesgäste) Unmut, da diese wegen des Seegangs nicht auf den Turm steigen und diesen besichtigen durften.

Auf der Rückfahrt nach Bremerhaven wurde uns dann noch feierlich ein Zertifikat als Hilfsleuchtturmwärter" überreicht. Bei dieser Gelegenheit konnte ich auch klären, warum max. 6 Personen auf dem Turm übernachten dürfen. Nach dem Seefahrtsrecht müssen Schiffe mit Übernachtungsbetten" ab 7 Personen eine Fäkalienaufbereitungs- bzw. Sammelanlage (Kläranlage) haben. Da diese Einrichtung auf dem Turm fehlt und eine Nachrüstung zu teuer wäre, wird die Personenzahl auf max. 6 Personen begrenzt.

Zurück in Bremerhaven haben wir am Abend noch einen Bummel über das Gestefest (Volksfest) gemacht, bevor am nächsten Tag die Heimreise dem herrlichen Wochenende ein Ende setzte.