Schnellboot "Combat Boat 90"
Bericht und Fotos: Georg Reusch
Warum greift ein Schiffsmodellbauer ein neues Projekt an?
Möglichkeit 1: Der Winter ist lang und er hat sonst nichts zu tun.
Möglichkeit 2: Es ist noch Platz im Regal und in einem Prospekt ist ein toller Bausatz, oder Plan usw.
Möglichkeit 3: Er hat ein Schiff versenkt und ist sauer.
Bei mir hat leider die letzte Version zugeschlagen, beim U-Boot Treffen 2008 im Freibad Feucht hat sich meine Korvette bei der U-Jagd leider als zweiter Sieger erwiesen und ist sang und klanglos abgesoffen.
Also was tun? Nach einer Schmoll- und Trotzphase von 4 Monaten fängt man an in den einschlägigen Publikationen nach passenden Anregungen zu suchen, man prüft die maximale Hellinglänge (Schreibtischgröße) sowie das Werftbudget (Stand des Girokontos).
Beim Bericht über das G 8 Treffen in Heiligendamm wurde ich fündig, in einer Filmaufnahme vom Juni 2007 war ein Schnellboot der Küstenwache zu sehen, dass einige Schlauchboote abfing, die in die Sperrzone vor dem Hotel der Staatschefs eindringen wollten. Dieses Teil musste her.
Bei der Firma "Kehrer Jet-Antrieb" wurde ich fündig, unter der Bezeichnung "Polis" wird ein Rumpfbausatz mit Beschlagteilen und zwei 28 mm Jets angeboten. Die Jets werden mit einem Riva Calzone Schubumkehrsystem geliefert. Mit zwei wassergekühlten 800 Johnson Elektromotoren erschien mir das Boot ausreichend motorisiert.
Nach einer Bestellung übers Internet wurde der Bausatz innerhalb einer Woche geliefert, die Teile sind von ausgezeichneter Qualität.
Das Vorbild wurde ursprünglich für die schwedische Marine entwickelt, unter der Bezeichnung "Combat Boat 90" entwickelte sich dieses Schnellboot zu einem internationalen Exportschlager.
Es wird bei der schwedischen Polizei unter der Typenbezeichnung CB90H bei der Marine von Norwegen (S90N) in Griechenland, Estland, Mexiko (Type CB90HMN) und in Malaysia eingesetzt.
In einer zivilen Version als Feuerlöschboot, oder als schnelles Sanitätsboot zwischen den schwedischen Inseln ist es genauso zu finden.
Es wird seit 1991 bei der schwedischen Dockstavarvet-Werft in einer Stückzahl von bisher ca. 250 bis 300 Stück produziert.
Technische Daten:
Die Boote sind über alles 15,90 Meter lang (Wasserlinie 14,90 Meter) und 3,80 Meter breit.
Sie sind durch Aluminiumbauweise sehr leicht, kompakt und flach gebaut (Tiefgang 80 cm).
Das Leergewicht beträgt 13 Tonnen, Standartgewicht 15,3 Tonnen.
Die "Combat Boat 90" sind mit zwei Kamewa FF Wasserstrahlantrieben ausgestattet, die von zwei je 480 kW starken Scania DSI14 V8 Dieselmotoren angetrieben werden.
Sie erreichen eine Geschwindigkeit von ca. 45 Knoten. Der in Grenzen lenkbare Wasserjetantrieb und ein spezielles Unterwasserleitprofil des Bootskörpers bedingen eine extrem gute Manövrierfähigkeit auch bei hoher Geschwindigkeit.
Das Boot kann sehr schnell stoppen, der Bremsweg aus der Maximalgeschwindigkeit beträgt lediglich etwa zwei Bootlängen.
Die Besatzung besteht aus zwei Schiffsführern und einem Maschinisten, es können jedoch bei der militärischen Version noch bis zu 21 Soldaten an Bord genommen werden.
Aber nun zurück zum Modell.
Jeder Vereinskollege kennt es ja, ein Paket wird abgeliefert, und die Anspannung über den Inhalt wächst ins unermessliche.
Die Firma Kehrer liefert wie eingangs schon erwähnt eine ausgezeichnete Qualität bei den GFK-Teilen, sowie beim Beschlagsatz.
Nun geht’s ans entfetten der Teile, kleine Macken verspachteln und alles schleifen und schleifen und schleifen und ......... man will ja beim lackieren eine saubere Oberfläche erreichen.
Der Einbau der Jetantriebe ging problemlos, es ist zwar extrem staubig, aber wenn man die exakte Lage der Antriebe sauber einmisst und aufzeichnet ist das Aufschneiden des Rumpfes und das Einpassen recht einfach.
Bei mir ergab die Dichtigkeitsprobe allerdings einen kleinen Wassereinbruch im Bereich zwischen Flanschring und Rumpf.
Auf diesen direkt auf den Heckspiegel zu montierenden Bauteil wird später mittels 4 Schrauben die Düse fixiert.
Leider habe ich etwas spät gemerkt, dass die Schrauben länger sind als die Rumpfwandung und der Flanschring, nichts was man mit Epoxy nicht wieder dicht bekommt.
Eine kleine Fotohilfe, falls es noch jemand gibt, der mit der Funktionsweise eines Jets nicht vertraut sein sollte.
Der Rumpf des Bausatzes ist zwar 1 Meter lang, die beiden Jetantriebe liegen aber unter einem geschlossenen Bereich des Hecks, um hier die Steuereinheiten unterzubringen und mir dabei nicht die Finger zu brechen habe ich wie im Original zwei Lukendeckel ausgeschnitten.
Beide Jets verfügen über einen Steuerteil und können in einem geringen Winkel geschwenkt werden, dies ergibt einen Wendekreis von ca. 2 Meter.
Mit einem Servo und über ein Messinggestänge greife ich auf Dreieckslenker zu, die wiederum über ein Kunststoffgestänge auf die Steuerteile wirken, diese Anordnung hat sich später leider als zu schwach dimensioniert erwiesen.
Auf die Servohalterung und die 2 mm Plastikstäbchen wirken einfach zu viele Kräfte ein, ich werde sie gegen Metallstäbe tauschen. Man braucht ja im Winter wieder was zu tun.
Bei der Lackierung habe ich mich nicht an die Vorlage eines Polizeibootes gehalten, ein weißer Rumpf mit blauen Aufbauten ist mir einfach zu langweilig, die Tarnlackierung der militärischen Einheiten mit oliv, grau und schwarz fand ich anspruchsvoller.
Zur Zeit bin ich über Ausrüstungsteilen wie Rettungsringen und Fendern, die Reling wird auch noch ergänzt, die Aufbauten wirken noch recht leer, es fehlen die Kleinteile, Aufkleber Rettungsinseln usw.
Für die schlechte Jahreszeit habe ich mir den Innenausbau des Cockpits vorgenommen, auch die Lichterführung muss dem Original entsprechen und die Radaranlage fehlt auch noch.
Ach ja, die richtige Bezeichnung der schwedischen Marine fehlt noch,
-- Stridsbåt 1990 Halv pluton --
Auf deutsch in etwa Kampfboot 1990 für ein halbes Platoon.
Hinweis:
Bericht und weitere Fotos auch im "SMC Club Magazin: Ausgabe 2010" ( PDF-Format ).